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Zehn Jahre AMEM Austrian Marine Equipment Manufacturers

AMEM Austrian Marine Equipment Manufacturers- die Interessensvertretung der österreichischen Zulieferfirmen für den weltweiten Schiffbau feiert 2008 ihr zehnjähriges Gründungsjubiläum. Die Idee zur Errichtung einer solchen Organisation hatte sich in den frühen 90er Jahren auf internationalen Schiffbaumessen unter den wenigen Ausstellern aus Österreich immer mehr herauskristallisiert und fand ihren ersten Durchbruch auf der Sea Japan 1996, als 4 Weltfirmen aus Österreich, aus eigener Initiative, auf einem Gemeinschaftsstand in Yokohama ihre Produkte anboten - Böhler, Geislinger, Hoerbiger und Miba. Bannerträger dieser Idee waren die Herren Eduard Köck (Böhler - Ventile für Zweitaktmotoren), Uwe Merl (Geislinger – Kupplungen und Schwingungsdämpfer), Johannes Kühmayer (Hoerbiger - Entlastungsventile für den Kurbelkasten) und Johann Jandrasits (MIBA Gleitlager). Das war noch in der Ära des berühmt, berüchtigten Martin Bangemann, Kommissar der Europäischen Union für Industrie, Information und Telekommunikation, der in Yokohama als imposante Galeonsfigur für die Aussteller aus der Europäischen Gemeinschaft auftrat. Der Stand der vier österreichischen Aussteller wurde von hohen EU-Vertretern und der österreichischen Botschaft regelrecht belagert, Fördermittel wurden von charmanten, jungen Damen großzügig in Aussicht gestellt und bald verbreitete sich die Erkenntnis, dass weltbekannte Zulieferfirmen aus dem Binnenland Österreich ebenso selbstbewusst aufzutreten vermögen, wie ihre Kollegen aus Süddeutschland oder der Schweiz.

Weitere Proponenten dieser solidarischen Zusammenarbeit waren Frau Johanna Heinz von der Thermax Isovolta - auch heute noch einer der bekanntesten Lieferanten von nicht brennbaren Wandpaneelen für den Innenausbau von Schiffen so wie der Weltmarktführer bei kleineren Schiffskränen - Palfinger - in der Person von Heinz Kissel.

Mit dieser Rückendeckung wagte es Herr Johannes Kühmayer von der Firma Hoerbiger in der Wirtschaftskammer Österreich, konkret im Fachverband Stahl- und Maschinenbau, bei Geschäftsführer Dr. Tuppy vorzusprechen und fand auf Anhieb Gehör, Verständnis, und großzügige Unterstützung.

Mag. Dieter Michael Grohmann und Frau Franziska Lugmayr wurden spontan mit der Aufgabe betraut, die rechtlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gründung eines Vereins unter dem Schirm des Fachverbandes vorzubereiten. Innerhalb weniger Wochen waren die Vorbereitungen einer Gründungsversammlung für AMEM abgeschlossen und professionell abgefasste Statuten, die bis zum heutigen Tage in ihrer Kernaussage unverändert sind, den künftigen Mitgliedern vorgelegt. Das von D.M. Grohmann und J. Kühmayer gemeinsam formulierte Marketingkonzept hat heute noch volle Gültigkeit. Es ist von der faszinierenden Idee geprägt, über einen Verein die Nähe der Wirtschaftskammer zu einem ganz spezifischen Segment der Industrie signifikant zu steigern und sieht im Wesentlichen drei Haupttätigkeitsbereiche der als Marketingplattform konzipierten Vereinigung der österreichischen Zulieferfirmen für den weltweiten Schiffbau - AMEM Austrian Marine Equipment Manufacturers - vor:

• Lobbying in Wien und Brüssel

• Veranstaltung von Seminaren, Kongressen, Messeauftritten

• Fachmännische, kostenlose Beratung von Mitgliedern bzw. Drittfirmen und Institutionen gegen Entgelt.

Lobbying in Wien und Brüssel

Mit viel Schwung und Elan wurden vorrangig die Bundesministerien für Wirtschaft und Arbeit sowie Verkehr, Innovation und Transport samt aller Unterorganisationen wie zum Beispiel, Oberste Schifffahrtsbehörde oder Viadonau angesprochen und die Botschaft kommuniziert, dass Österreich - mit Ausnahme der Schiffswerft in Linz - zwar keine Werften mehr für den Bau von Hochseeschiffen betreibt, dafür aber über eine in der ganzen Welt wegen Ihrer Innovation und hervorragenden Qualität der Produkte, hoch geschätzte Zulieferindustrie verfügt. Es versteht sich von selbst, dass der Kontakt zur Ständigen Vertretung Österreichs in Brüssel, seit der Gründung von AMEM, stetig ausgebaut wurde.

Parallel dazu wurde von AMEM der Antrag auf Mitgliedschaft bei EMEC European Marine Equipment Council eingereicht, das damals noch seinen Sitz in London hatte. AMEM unterstützte vom ersten Tag der Mitgliedschaft die Verlegung des EMEC Büros von London nach Brüssel sehr vehement und fand in der holländischen Schwesterorganisation - HME Holland Marine Equipment - einen gleich gesinnten Partner. Im Jahr 2000 wurde der nur zu logische Schritt der Verlegung des Büros von EMEC von London nach Brüssel vollzogen und ein Objekt in bester Lage, mit CESA der Vereinigung der europäischen Schiffbauer zu gleichen Teilen (aus Kostengründen) bezogen. Diese Nähe der Zulieferindustrie zu dem bedeutendsten Element im Triangel von Schiffbauern, Eignern und Klassifikationsgesellschaften, war über eine Reihe von Jahren von großem gegenseitigen Vorteil, bis zu dem Zeitpunkt, da EMEC als viertes, gleichberechtigtes Glied, nunmehr in einer Quadriga aus Schiffbauern, Eignern, Klassifikationsgesellschaften und Equipment-Herstellern, im Jahr 2007 ein eigenes Büro in Sichtweite der Kommission bezog.

AMEM war nach einer mehrjährigen, behutsamen Lern- und Beobachtungsphase auf dem Brüsseler Parkett, Schritt für Schritt zu einem konstruktiven, wenn auch sehr kritischen aber umso aktiveren Partner im Rahmen von EMEC geworden. Der endgültige Durchbruch zur Anerkennung als kompetenter Partner in Fragen der Schifffahrt kam mit der intensiven Arbeit an der so genannten Klassenrichtlinie, die Teil des 3. Erika Sicherheitspakets ist und die gegenseitige Anerkennung von Zertifikaten und Richtlinien der Klassifikationsgesellschaften zum Inhalt hat.

Hier wurde für die Zulieferindustrie im Allgemeinen und die klein- und mittelständische Industrie im Besonderen ein höchst wertvoller Dienst geleistet. Entsprechen doch die derzeitigen Mehrfachzertifizierungen durch die Klassifikationsgesellschaften weder den Prinzipien des Binnenmarktes, noch des freien, von Wettbewerb gekennzeichneten Waren- und Dienstleistungsverkehrs. Gar nicht zu sprechen von der Harmonisierung tragen sie eher zu einer Wettbewerbsverzerrung zwischen Europa und dem Rest der Welt, allen voran Asien, bei!
Die hervorragende Zusammenarbeit mit EMEC - dank der äußerst professionellen und Brüssel erfahrenen Generalsekretärin Paola Lancellotti, hat unter anderem den AMEM Mitgliedern - über EMECrid - den Zugang zu den Förderungen im Rahmen des 7. Rahmenprogramms wesentlich erleichtert.

In der Person von Johannes Kühmayer ist AMEM in drei Arbeitsgruppen vertreten - „Efficient Class“, „International Fairs and Exhibitions“ und „IPR Intellectual Property Rights“, wo AMEM sogar den Vorsitz stellt. Der Schutz des geistigen Eigentums, ebenso wie das „Know how“ und „Know why“ sind ein besonderes Anliegen von Johannes Kühmayer der sich auch als engagierter Anwalt der Anliegen der klein- und mittelständischen Industrie versteht. Besondere Unterstützung erhält er bei seiner Arbeit in Brüssel immer wieder von Herrn Martin Uhlig von der Firma bst Brandschutztechnik, einem ehemaligen Mitarbeiter der Klassifikationsgesellschaft ABS und langjährigen Fahrensmann bei deutschen Reedereien, der unschätzbares Wissen und große, praktische Erfahrung einzubringen vermag.

Seminare, Kongresse, Messebeteiligungen

AMEM versteht sich, in enger Zusammenarbeit mit der AWO Außenwirtschaft Österreich und den Außenhandelsstellen als Organisator von Messeauftritten österreichischer Firmen auf internationalen Messen für Schiffbau und Meerestechnik. Die jahrzehntelangen, guten und freundschaftlichen, persönlichen Beziehungen zu den Veranstaltern von Messen sowie den Verlegern von Fachzeitschriften tragen ganz wesentlich zum Erfolg bei.

Das bedeutendste organisatorische Ereignis stellte zweifelsohne die Vorbereitung und Abwicklung des ersten, außerhalb der USA abgehalten Kongresses von ASME American Society of Mechanical Engineers - Internal Combustion Engine Division für mehr als 200 Delegierte aus aller Welt im Mai 2003 in Salzburg dar. Das positive Echo sowohl von Besuchern, als auch österreichischen Gastgebern auf diesem Kongress wurde durch den Umstand getrübt, dass unter der neuen Geschäftsführung des Stahl - und Maschinen-bauverbandes eine Fortführung der Zusammenarbeit nicht mehr möglich war. So ist AMEM seit dem Herbst 2003 vollkommen unabhängig und auf sich alleine gestellt tätig, was aber auch mit unschätzbaren Vorteilen verbunden ist.

AMEM und die österreichischen Zulieferer für den Schiffbau sind sehr geschätzte Teilnehmer an den bekanntesten Fachmessen der Welt, allen voran der SMM, gefolgt von der Norshipping und der Posidonia in Europa, der Cruise Shipping Miami, USA sowie der Kormarine in Busan und der Marintec in Shanghai. Über Jahrzehnte hat sich ein sehr freundschaftliches Verhältnis zu den Veranstaltern internationaler Messen herauskristallisiert, stellvertretend seien nur Hamburg Messe (Karin Steinbach), Norway Trade Fairs (Tollef Schiander), Reed Exhibitions (Kathrin Hansen) und Seatrade UK (Andrew Callaghan) erwähnt. Gepaart mit Erfahrung und Routine machen die Vorbereitungsarbeiten Spaß und der Erfolg ist garantiert!

Messen und Ausstellungen sind die letzten Relikte ganz ursprünglicher, zwischenmenschlicher Beziehungen, sie finden auf realen Marktplätzen und nicht virtuell auf dem Bildschirm statt, Aussteller und Besucher sind von der elektronischen Kommunikation weitgehend befreit und setzen ihre Sinne und Instinkte wieder einmal ein! Auf Messen gelten das gesprochene Wort mit all seinen Nuancen, die Körpersprache und die ganz persönliche Ausstrahlung!

Beratung

Als Gegengewicht zu den umsatz- und profitorientierten, multinationalen Beratungsgesellschaften, die in der Regel zuerst die Mitarbeiter eines Unternehmens interviewen und dann einen Bericht verfassen, der zu 80 Prozent aus Makulatur besteht dafür aber den Erwartungen der Auftraggeber weitgehend entgegenkommt, stellt AMEM das gesamte Wissen – insbesondere über Produkte und Märkte – vorbehaltlos seinen Mitgliedern kostenlos zur Verfügung, solange der Umfang nicht den Rahmen des Normalen sprengt. AMEM hilft so mit, die Kosten einer Markterschließungsaktion gering zu halten, weil das Wissen erfahrener Marketingexperten von allem Anfang an mit eingebracht wird. Von diesem Service haben in den letzten Jahren namhafte Firmen wie Frequentis oder Palfinger in größerem Umfang Gebrauch gemacht.

Beratung und Information werden auch über die AMEM Website www.amem.at transportiert, die Studien und Aufsätze zu aktuellen, kommerziellen und militärischen Themen des Schiffbaus in einem Umfang und einer Tiefe anbietet, wie sie von weit größeren Interessensvertretungen nicht angeboten werden. Die ständigen Auswertungen der Homepage zeigen, dass die Studie über den Polnischen Schiffbau seit Jahren zu dem Renner geworden ist, gefolgt von den obersten Europäischen Schifffahrtsbehörden und der Auflistung der Messen für Seestreitkräfte (Maritime Defence Exhibitions). Mit letzterer Studie rangiert AMEM ziemlich oft vor weltberühmten Verlagen wie Jane’s oder Mönch an erster Stelle im Internet! Die AMEM Studie über die US Coast Guard ist nach dem Urteil eines Topmanagers von Northrop Grumman, besser als alles was in den USA zu diesem Thema bis dato publiziert wurde.

Da stellt sich die Frage, was macht eigentlich diese außergewöhnliche Position von AMEM aus? Es ist zum einen die Tatsache, dass AMEM die einzige Interessensvertretung in Europa ist, die zu hundert Prozent nur die Zulieferindustrie repräsentiert und keine anderen Bereiche der Schifffahrt und des Schiffbaus, zum anderen die Seriosität und Verlässlichkeit der Mitgliedsfirmen, bei denen – im Gegensatz zu anonymen, börsennotierten Unternehmungen - die Eigentümer täglich in die Firma kommen und so auch ihre persönliche Verantwortung für das Unternehmen dokumentieren. Das macht sie zu geschätzten Partnern und zuverlässigen Verwaltern von Firmen- und Produktgeheimnissen, insbesondere bei gemeinsamen Forschungs- und Entwicklungsprojekten, in einem Umfeld das in ständig wachsendem Umfang von Raub des geistigen Eigentums und Know hows geprägt ist.

Abschließend sei noch Herrn Martin Wihsbeck gedankt, der als Präsident die Kontinuität von AMEM schlechthin verkörpert. Er ist die stille Autorität im Hintergrund, gewissenhafter Verwalter eines relativ bescheidenen Budgets und verständnisvoller Kollege von Herrn Kühmayer, der im Tagesgeschäft voll aufgeht.

 

1998

John Kuehmayer, Dieter Grohmann

 

2008

John Kuehmayer, Martin Wihsbeck

 

 

> kostenloser PDF-Download (1.0 MB): "Zehn Jahre AMEM – Austrian Marine Equipment Manufacturers", erschienen in Schiff & Hafen, Nr. 9, September 2008

 

 

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